Das Jahressteuergesetz 2022: Auswirkungen auf die Immobilienbewertung
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 (JStG) werden die Verfahren zur Immobilienbewertung angepasst. Die Änderungen im Bewertungsgesetz bedeuten in zahlreichen Fällen, dass Immobilien mit einem höheren Wert als bisher berücksichtigt werden müssen – und das erhöht auch die zu zahlenden Steuern.
Die wichtigsten Änderungen im JStG 2022 auf einen Blick:
- Geänderte Bewertungsverfahren für Immobilien, betroffen sind Sachwertverfahren und Ertragswertverfahren
- Die Gesamtnutzungsdauer für Immobilien wird von 70 auf 80 Jahre angehoben
- Änderungen für die Immobilienbewertung mit dem Sachwertverfahren:
- Änderungen für die Immobilienbewertung mit dem Ertragswertverfahren:
- Freibeträge für Schenkungen bleiben bestehen
- Fazit: Die Neuerungen im Bewertungsgesetz werden in der Regel zu einer höheren Steuerbelastung führen
Grund für die Änderungen der Bewertung von Immobilien im JStG 2022 sind die veralteten Bewertungsparameter für die steuerliche Berechnung der Immobilienwerte. Diese werden nun an die aktuelle Marktsituation angepasst. Im Jahr 2021 wurde bereits die Immobilienwertermittlungsverordnung (ImmoWertV) geändert.
Was ist das Jahressteuergesetz?
Im Jahressteuergesetz (JStG) werden von der Bundesregierung steuerliche Änderungen und im Koalitionsvertrag festgehaltene Vorhaben umgesetzt. Das Gesetz dient dazu, zahlreiche Einzelregelungen im gesamten Steuerrecht zusammenzufassen. Die Bundesregierung reagiert damit auf aktuelle Entwicklungen sowie rechtliche Fragen und setzt Vorgaben der EU sowie Ergebnisse der Rechtsprechung um. Im Jahressteuergesetz 2022 werden mit über 100 Einzelregelungen zahlreiche Gesetze geändert, darunter auch das Bewertungsgesetz für Immobilien.
Wann kommt das Jahressteuergesetz 2022?
Das Jahressteuergesetz 2022 tritt ab dem 01.01.2023 in Kraft. Der Bundestag hat den Gesetzesentwurf am 02.12.2022 verabschiedet, die Verabschiedung im Bundesrat erfolgte am 16.12.2022. Das bedeutet für Immobilieneigentümer:innen, Erb:innen und beschenkte Personen: Liegt das Datum einer Schenkung oder der Todestag der vererbenden Person noch im Jahr 2022, gelten die alten Regeln zur Bewertung von Immobilien. Bei Schenkungen sollten Sie beachten, dass hier das Datum des Notariatsvertrags ausschlaggebend ist.
Neue Regeln für die Immobilienbewertung: Erbschaft und Schenkung von Immobilien wird teurer
Bei Erbschaften und Schenkungen von Immobilien wird es ab 2023 teurer. Grund hierfür ist die im Jahressteuergesetz 2022 vorgesehen geänderte Immobilienbewertung. Betroffen sind hier das Sachwertverfahren und das Ertragswertverfahren. Für das Vergleichswertverfahren ergeben sich keine Änderungen. Mit dem geänderten Bewertungsgesetz können sich Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer deutlich erhöhen.
Änderung der Gesamtnutzungsdauer von Immobilien
Die Gesamtnutzungsdauer für Immobilien wird von 70 auf 80 Jahre angehoben (Anlage 22 BewG-E). Sowohl im Sachwert-, als auch im Ertragswertverfahren wird der Wert einer Immobilie im Verhältnis zu einer gesetzlich festgelegten Gesamtnutzungsdauer betrachtet. Mit der Erhöhung der Nutzungsdauer von 70 auf 80 Jahre verlängert sich die Restnutzungsdauer einer Immobilie und der Immobilienwert erhöht sich.
Änderungen für die Immobilienbewertung mit dem Sachwertverfahren
Selbstgenutzte Ein- und Zweifamilienhäuser werden im Sachwertverfahren bewertet, sofern für ein Vergleichswertverfahren keine ausreichenden Vergleichsdaten vorliegen. Das kann beispielsweise bei Immobilien in ländlicher Lage der Fall sein.
Einführung Regionalfaktor
Beim Sachwertverfahren werden der Bodenwert und fiktive Baukosten für die Immobilie ermittelt. Dabei werden mit dem Jahressteuergesetz 2022 die Gebäudeherstellungskosten mit einem neu eingeführten Regionalfaktor und einem Alterswertminderungsfaktor multipliziert, um den Gebäudesachwert zu erhalten. Der Regionalfaktor kann je nach Lage zu einem höheren Immobilienwert führen, denn er berücksichtigt den Unterschied zwischen dem Baukostenniveau im Bundesdurchschnitt und dem regionalen Niveau des Immobilienstandorts. Die Regionalfaktoren werden von den Gutachterausschüssen bereitgestellt. Ist kein Regionalfaktor vorhanden, ist laut JStG 2022 ein Wert von 1,0 für die Berechnung anzusetzen.
Änderungen für die Immobilienbewertung mit dem Ertragswertverfahren
Beim Ertragswertverfahren wird eine Immobilie anhand der erbrachten Erträge bewertet, zum Beispiel die generierten Mieteinnahmen. Daher wird dieses Bewertungsverfahren oftmals bei Investment- und Anlageimmobilien angewendet.
Anpassung der Bewirtschaftungskosten
Der Ertragswert einer Immobilie ergibt sich aus Bodenwert und Gebäudeertragswert. Dabei werden die aufzubringenden Bewirtschaftungskosten vom Ertragswert abgezogen – das ist mit den neuen Regelungen des Bewertungsgesetzes zwar immer noch möglich, die Abzüge fallen jedoch geringer aus. Damit steigt der steuerliche Immobilienwert.
Mit dem Jahressteuergesetz 2022 bestehen die Bewirtschaftungskosten künftig aus den Instandhaltungs- und Verwaltungskosten sowie aus dem Mietausfallwagnis. Neu ist auch, dass das die Bewertung jedes Jahr an den Verbraucherpreisindex des Statistischen Bundesamtes angepasst wird. So soll die aktuelle Marktentwicklung deutlich stärker Berücksichtigung finden. Auch diese Änderung kann zu höheren Immobilienwerten führen.
Senkung Liegenschaftszins
Gleichzeitig wird gemäß JStG 2022 auch der sogenannte Liegenschaftszins von 5 auf 3,5 Prozent gesenkt. Der Liegenschaftszins ist der Zinssatz, mit dem der Verkehrswert zu marktüblichen Konditionen verzinst wird. Er berechnet sich nach Lage und Art des Grundstücks, sowie nach der zu erwartenden Restnutzungsdauer der darauf erbauten Immobilie. Generell gilt: Ein hoher Liegenschaftszinssatz führt üblicherweise zu einem geringeren Immobilienwert. Mit der Senkung des Zinssatzes erhöht sich entsprechend der Wert einer Immobilie.
Das neue Bewertungsgesetz bedeutet, dass alle, die eine Immobilie erben oder mittels Schenkung erhalten, in der Regel eine höhere Schenkungssteuer bzw. Erbschaftssteuer zahlen müssen. Denn die geltenden Freibeträge werden nicht erhöht.
Die Freibeträge für Schenkungen und Erbschaften im Überblick
Die Freibeträge sind nach Verwandtschaftsgrad gestaffelt:
Ehegatt:innen/Lebenspartner:innen | 500.000 Euro |
Kinder, Stiefkinder, Enkel:innen, deren Eltern verstorben sind | 400.000 Euro |
Enkel:innen | 200.000 Euro |
Eltern und Großeltern der verstorbenen Person | 100.000 Euro |
Sonstige Erb:innen | 20.000 Euro |
Fazit zu den Änderungen für die Immobilienbewertung im JStG 2022
Die Anpassungen aus dem Jahressteuergesetz 2022, die ab dem 01.01.2023 gültig sind, haben eine Immobilienbewertung zur Folge, welche die aktuelle Marktentwicklung widerspiegelt. Die Änderungen der Bewertungsverfahren dürften den Großteil der Immobilien auf dem Markt betreffen und werden in der Regel zu einer höheren Steuerbelastung beim Übertragen von Immobilien führen – Erbschaftssteuer und Schenkungssteuer werden in der Regel deutlich höher ausfallen als bisher. Weiterhin gilt aber, dass Sie einen niedrigeren Immobilienwert mittels Gutachten nachweisen können.
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